Das Projekt
Zu der Sammlung Haeckel bei ullstein bild gehören sowohl die Kontaktabzüge als auch die Glasnegativplatten der Fotografen Otto und Georg Haeckel. Die Aufnahmen stammen aus dem Nachlaß der beiden Pressefotografen und stellen die weltweit umfassendste Sammlung von Fotografien der Haeckel Brüder dar.
Im Rahmen eines Projekts bei ullstein bild – Leitung: Dr. Katrin Bomhoff – sind die Kontaktabzüge textlich erfasst und digitalisiert worden, insgesamt über 10.000 Bildmotive.
Wir arbeiten nun an der wissenschaftlichen Erschließung des Gesamtbestandes. Deshalb freuen wir uns über alle zeitgenössischen Dokumente zu Otto und Georg Haeckel oder andere wichtige Hinweise zu den beiden Brüdern und ihrer Fotografie an unsere Mailadresse: info@haeckel-foto.de oder postalisch an: ullstein bild, Dr. Katrin Bomhoff, Schützenstr. 15-17,10117 Berlin.
Die Brüder Otto und Georg Haeckel
Die Sammlung Haeckel bei ullstein bild in Berlin umfasst das Werk der beiden Fotografen Otto (1872-1945) und Georg (1873-1942) Haeckel. Zu den Bildthemen dieser frühen Pressefotografie gehören Motive aus allen Erdteilen: Beobachtungen des Alltagslebens, Stadt- und Landschaftsansichten, politisches Zeitgeschehen, Religion, Wirtschaft, Technik, Sport, Porträtaufnahmen. Neben einer fulminanten Weltreise durch die Länder der Kontinente Europa, Afrika, Asien und Amerika liegt ein erkennbarer Themenschwerpunkt auf Berlin, auch hier geht es um Architektur, Genre, politische Ereignisse, Porträts namhafter Zeitgenossen, gesellschaftliches Leben.
Die große thematische Bandbreite dieses Bestandes liegt auch begründet in der Zusammenarbeit mit den Zeitungsredaktionen. Die beiden Fotografen beliefern alle wichtigen Verlagshäuser ihrer Zeit, nicht zuletzt den Ullstein Verlag in Berlin. Denn die Haeckel Brüder, gebürtig aus Sprottau in Schlesien, kommen bereits 1905 nach Berlin, gründen wenig später ihre eigene Bildagentur und gehören zweifellos zu den renommiertesten Pressefotografen ihrer Zeit.
Georg und Otto Haeckel in Berlin
Diese Unternehmensgründung spricht von dem dankbaren Boden, auf den ihre Arbeit fällt: Berlin ist zu dieser Zeit Produktionsstätte eines der reichhaltigsten Zeitungsangebote in Europa. Durch verschiedene Pressegesetzgebungen um 1871 und den Wirtschaftsaufschwung der Gründerjahre begründet, durch den enormen Bevölkerungszuwachs in Berlin und die Nutzbarmachung wichtiger technischer Entwicklungen, die Zeitungsdruck, Informationsübermittlung und Vertriebsmöglichkeiten betreffen, entsteht das großflächige und lebendige „Berliner Zeitungsviertel“.
Neben Rudolf Mosse und August Scherl gehören maßgeblich Leopold Ullstein und seine Söhne zu den Begründern einer breitgefächerten Presselandschaft und ihres wirtschaftlichen Erfolgs. Dutzende von Zeitungen werden zu verschiedenen Zeiten des Tages produziert und ausgeliefert. Sie garantieren die Auslastung der Druckmaschinen und kommen verschiedensten Lesergruppen entgegen, die schnell oder auch nur rechtzeitig und regelmäßig informiert, unterhalten werden wollen oder nach bestimmten Schwerpunkten verlangen.
Inmitten dieses Angebots findet sich die „Berliner Illustrirte Zeitung“, 1890 als Abonnementsblatt von Otto Eysler gegründet. 1894 wird, nach anfänglicher Zusammenarbeit mit Eysler, Leopold Ullstein Alleinbesitzer und verhilft ihr zu schnell steigenden Auflagenhöhen: Zu strikte Abonnementsverpflichtungen werden gelockert und Themen ausgewechselt.
Vor allem aber profitiert das Blatt von technischen Neuerungen, die Ullstein sich äußerst erfindungsreich und weltweit einmalig zunutze macht. Sie betreffen in erster Linie, was schon im Namen der „Illustrirten“ programmatisch mitschwingt: die Fotografie. 1902 bewältigt die erste „Komplett-Rotationsmaschine“ den Druck der „Berliner Illustrirten“ in einem einzigen Druckvorgang.
Für die technische Entwicklung der Reproduktion von Fotografie ist dies – nach Einführung der Autotypie Ende des 19. Jahrhunderts – ein bedeutender Schritt. Die Druckerei arbeitet weitaus schneller und kostengünstiger mit diesem Verfahren. Bilder in den Text einzufügen, heißt plötzlich nicht mehr, erhebliche Verteuerungen und große verlegerische Risiken in Kauf nehmen zu müssen.
Unschwer sich vorzustellen, welche weitreichenden Konsequenzen das für die Pressefotografie mit sich bringt: Das Foto gewinnt an Stellenwert, tritt mehr und mehr gleichberechtigt als Bildberichterstattung neben den Text oder vereinnahmt sogar die Schlagkraft des Aufmachers komplett für sich.
Haeckel bei der "Berliner Illustrirte Zeitung"
Die Brüder Haeckel arbeiten vielfach und vielfältigst für die „Berliner Illustrirte Zeitung“. Eine Tageszeitung diesen Charakters zu beliefern, bedeutet das Zeitgeschehen aussagekräftig im Bild zu fassen, bedeutet aber auch Porträt-, Architektur- und Reisefotografie zu beherrschen, Alltagsszenen festzuhalten. Jede dieser Aufnahmen hält der Einzelbetrachtung stand. Und die Zeitung feiert ihren Zugewinn durch das Bild.
Der Begriff der „Momentphotographie“, der immer wieder in den Bildunterschriften auftaucht, spricht nicht nur von der Möglichkeit, Bewegung im Bild einzufangen. Er betont die Bedeutung des Geschehens, die Aktualität der Berichterstattung, sogar die Vehemenz der Nachrichtenübermittlung und ihre Bündelung im Augenblick. Pressefotografie komprimiert das Außerordentliche, lenkt den Blick auf das Anschauungswürdige.
Otto Haeckel begleitet die Reichstagsabgeordneten auf ihren Reisen durch Deutsch-Ostafrika. Im Ersten Weltkrieg arbeiten die Brüder als Kriegsfotografen, sie fotografieren zu Zeiten der Novemberrevolution, porträtieren zahlreiche Persönlichkeiten, und sie entwickeln ein weltumspannendes Netz geschäftlicher Beziehungen mit zahlreichen Fotografen im In- und Ausland. Sie schaffen Zeitzeugnisse von hoher Intensität, und ihr Werk spiegelt in einzigartiger Weise die Kaiserzeit, den Ersten Weltkrieg sowie die Weimarer Republik wider.
Darüber hinaus haben Otto und Georg Haeckel wesentlichen Anteil an der Geschichte der Fotografie Deutschlands. Vor allem dieser Tatsache wird mit dem Haeckel Projekt bei ullstein bild Rechnung getragen.